Freitag, 9. September 2016

Wir sind Grufties - wir sind tolerant! Wirklich?

Hallo, meine lieben alternativen Menschen!

Heute geht es mal wieder um eines meiner liebsten Themen: Toleranz!
Die Schwarze Szene brüstet sich gern mit verschiedensten Eigenschaften - und eine davon ist sicherlich Toleranz. Zeit, dies mal unter die Lupe zu nehmen.

Fakt ist, dass die Szene auch durchaus für soziale/gesellschaftliche Außenseiter interessant ist, weil sie diese in der Regel bereitwillig aufnimmt. Menschen, die auf Grund verschiedenster Eigenschaften nicht so recht in die "normale" Gesellschaft passen, fühlen sich häufig in der Szene akzeptiert und angekommen. Nicht zuletzt wohl wegen des berühmten sogenannten Szenenzusammenhalts. Aber ist das wirklich so?

Ich denke hier wird ein Wunschbild heraufbeschworen, welches so nicht wirklich vohanden ist. Innerhalb der Schwarzen Szene tummeln sich, genau wie in der normalen Gesellschaft, verschiedenste Menschen, mit unterschiedlichen Einstellungen, Interessen, politischen Ansichten, musikalischen Vorlieben und und und... Eben deswegen kann es gar keine ernshafte Toleranz und auch keinen wirklichen Zusammenhalt zwischen den Szenegängern geben. Welcher linksorientierte Mensch hat schon allzu größte Lust, sich ernsthaft mit einem Swastika-bepinnten Rechtsgruft zusammen zu setzten oder gar über einen Kamm scheren zu lassen, nur, weil bei der Wahl der Farbe der Kleidung Konsens herrscht? Viel mehr Gemeinsamkeiten bestehen zwischen diesen beiden (ich gebe ja zu: extremen) Fällen nämlich nicht.

Aber wie kommt es nun zu der Annahme, dass die Szene so tolerant ist? Der Unterschied zu anderen Szenen oder auch zur normalen Gesellschaft besteht wohl darin, dass wir Grufties meist nicht auf Konfrontation aus sind. Selbst der ewige "Nörgelgrufti" ( jeder kennt einen ;) ) scheut zwar nicht die Diskussion, meidet jedoch meist die ernsthafte Auseinandersetzung. Es herrscht wohl eher eine "Leben und Leben lassen"- Einstellung vor, welche oftmals als Toleranz interpretiert wird, jedoch vermutlich eher aus einer gewissen Resignation heraus entstanden ist. Eine Resignation, die die konsumorientierte Spaßgesellschaft (oder auch hirnverbrannte Vollpfosten) anprangert, jedoch keine wirkliche Änderung dieser bewirken will, denn dies erscheint sowieso aussichtslos. Also nimmt man es so hin.

Meiner Erfahrung nach gibt es natürlich eine gewisse Toleranz innerhalb der Szene. Viele Anhänger sind offener gegenüber anderen Szenegängern, als sie es gegenüber "Normalos" sind. Und dies ist schlicht eine menschliche Reaktion. Gehe ich beispielsweise zu einer politischen Veranstaltung, trete ich den Menschen, die dieselbe politische Orientierung haben wie ich, offener gegenüber. Gehe ich in Baggys, Oversized Shirt und Cap auf ein Hip Hop - Event, kann ich auch davon ausgehen, dass die anderen Teilnehmer mir offener gegenüber treten, als wenn ich in Grufti-Klamotten daher komme. Oder mal ein plumperes Beispiel: mache ich Urlaub auf Malle, freue ich mich, wenn ich andere deutsche Touristen im Hotel entdecke, und trete ihnen höchtwahrscheinlich offener gegenüber, als anderen Mitinsassen - äh, Hotelgästen (ok... dieses Beispiel hinkt alleine deshalb, weil man mich wohl niemals im Urlaub in Malle treffen würde und ich Misanthrop sowieso so schnell niemanden sehr offen gegenüber trete... aber hier geht es auch mehr ums Prinzip). Gleich und gleich gesellt sich nunmal wirklich gern.


Aber: genauso habe ich schon Menschen szeneintern kennen gelernt, die extrem abweisend waren (szeneextern natürlich sowieso - "ihhh-gruftie-bla"), deren Verhalten keinerlei Interesse an näherem Kontakt ausdrückte, gar unfreundlich pöbelhaft war. Und dies nicht aus einer extremen Introvertiertheit heraus, nein. Einfach, weil die Menschen kacke waren. Und eben das ist der Punkt: die Schwarze Szene besteht nicht nur aus einer Sorte Menschen. Sie ist, auch wenn sie es nicht gern sieht und hört, eben eine "normale" Gesellschaft, bestehend in ihrem eigenen Mikrokosmos. Und genau, wie die "normale" Gesellschaft außerhalb der Szene, ist sie ebenfalls ein Sammelsurium verschiedenster Charaktere.

Es wäre allerdings möglich, dass es ein wenig mehr Toleranz innerhalb der Szene gibt. Zum einen natürlich, aus oben beschriebener Resignation heraus. Aber zum anderen vielleicht auch, weil viele Anhänger selbst Toleranz einfordern. Beispielsweise gegenüber ihrer Vorliebe für Morbides (was in der "Normalo"-Gesellschaft quasi nicht vorhanden ist), für eher unkonventionelle Hobbys (Fetish-Party im Latex-Outfit besuchen), oder natürlich für ihren extravaganten Kleidungsstil (sei es nur, die Kleidung schwarz zu halten). Aber eine prinzipiell tolerante Szene gibt es so nicht.
Ebenso wenig gibt es einen wirklichen Szenezusammenhalt. Wie auch? Die Szene ist mittlerweile  Auffangbecken verschiedenster subkultureller Strömungen. Der Zusammenhalt der Schwarzen Szene ist der, den jede andere Szene, jede andere Subkultur eben auch hat. Nicht mehr und nicht weniger. Ich persönlich habe noch keine wirklichen Freunde nur auf Grund einer "Szeneangehörigkeit" gefunden. Oder anders formuliert: ich suche mir meine Freunde nicht auf Grund einer Szeneangehörigkeit aus. Denn das wäre äußerst intolerant.

Also mal ein kleines Fazit: Toleranz in der Szene gibt es selbstverständlich, ja. Aber ist die Szene intern toleranter, als andere Subkulturen? - Eher nein. Ist die Szene toleranter, als die "Normalo"-Gesellschaft? - Ein ganz bisschen vielleicht.

Im Übrigen halte ich mich selbst für äußerst tolerant. Szeneintern vor allem natürlich :D Aber wenn ich mich mal in verschiedenen Foren umschaue, wird mir häufig bestätigt, dass längst nicht jeder Szeneanhänger so tolerant denkt, wie ich. Hier zeigt sich ganz klar, dass nicht jeden Grufti allzu viel von der "Shit-Storm-vermeintlich-anonym-im-Internet-nörgeln-und-beleidigen"-Gesellschaft unterscheidet, zeigt er doch ganz ähnliche Verhaltensweisen.

Wie einige von euch sicherlich wissen, habe ich schon einmal einen Post zu einem ganz ähnlichen Thema verfasst. Wer also noch mehr zum Thema szeneinterne Toleranz lesen möchte, hier entlang.

Ich denke, dass war vorläufig wieder einmal genug Gedankensermon meinerseits. Seid ihr anderer Meinung? Habt ihr andere Erfahrungen gemacht? Oder auch dieselben? Gern in die Kommentare, meine Lieben.

Bis dahin: Cheerio and stay different!

Eure


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