Sonntag, 5. August 2018

Die Schwarze Witwe in Darmstadt - Friedhofsgeflüster auf dem Parkfriedhof

Meine Lieben alternativen Menschen!

Vor gar nicht allzu vielen Tagen verließen Victor und ich unsere Stube, um einem interessanten und den Meisten wohl eher morbide erscheinenden Erlebnis beizuwohnen:
Die Schwarze Witwe (alias Dr. Anja Kretschmer) nahm die beschwerliche Reise durch etliche Jahrzehnte auf sich, um im Zentrum des Jugendstils uns Interessierten die bestattungskulturellen Gebräuche des späten 19. Jahrhunderts näher zu bringen.

Und für viele unter euch vermutlich nicht die größte Überraschung: da mussten wir doch hin. Da wir tatsächlich auf unseren WGT-Besuchen bisher noch nie eine Friedhofsführung besucht hatten, bot sich jetzt dieses Heimspiel doch mehr als an.


Nachdem die Schwarze Witwe uns empfangen und darüber aufgeklärt hatte, dass sie es als wichtig empfinde, sich im Leben mit dem Tod auseinander zu setzen, da dieser wohl jeden von uns betrifft, ging mir zum ersten mal das Herz auf. Zum Einen, weil es genau das trifft, was ich in unserer leistungsorientierten, von Selbstoptimierung und Jugendwahn nur so strotzenden Gesellschaft absolut vermisse: Auseinandersetzen mit den unausweichlichen Dingen, Alter und Krankheit nicht als "Versagen" sehen. Zum Anderen, weil eben nicht nur Schwarzvolk bei dieser Führung anzutreffen war, von welchem ja durchaus bekannt ist, dass sie diese Thematiken nicht verdrängen, sondern weil auch etliche Stinos anzutreffen waren, die sich offenbar für dieses Thema sehr interessierten. Vielleicht besteht also doch noch ein Funken Hoffnung für unsere Gesellschaft.

Dr. Anja Kretschmer, alias "Die Schwarze Witwe"

Und von der Auseinandersetzung mit dem Thema Sterben und Tod strotzte, wenig überraschend, die Führung. Ohne jetzt zu sehr ins Detail zu gehen, sei euch gesagt: Der Umgang mit dem Sterbeprozess und die Bestattungskultur einer doch wenig aufgeklärten Gesellschaft ist äußerst interessant, teilweise natürlich morbide, aber eben auch unterhaltsam, sogar manchmal lustig und vor allem eins: Der Tod ist Teil des Lebens, Teil der Gesellschaft und wird nicht komplett verdrängt, wie in unserer heutigen "forever young"-Verblendung.

Begleitet wurde diese Auseinandersetzung von anschaulichen Beispielen, die selbst Menschen wie uns, die sich deutlich intensiver mit morbiden Themen auseinandersetzen, als die Stino-Gesellschaft, zum Teil neue Informationen anschaulich vermittelten.



Zum Abschluss: Ich empfehle jedem, der nicht davor zurückschreckt und sich mal ein wenig näher mit der Thematik Sterben und Tod auseinander setzen möchte, diese Führung zu besuchen. Die Führung ist keine bloße Aneinanderreihung von Informationen, die Schwarze Witwe bringt auch Neulingen auf erfrischende Art und Weise dieses Gebiet näher. Alle Informationen zum Friedhofsgeflüster, welches regelmäßig auf verschiedensten Friedhöfen Deutschlands angeboten wird, findet ihr auf der Homepage Kretschmers. Darüber hinaus gibt es noch weitere Einblicke in ein vielfältiges Programm jenseits des Geflüsters.

Und eine weitere Empfehlung meinerseits: setzt euch mit dem Thema Tod und Sterben auseinander. Seht die gesellschaftliche Verblendung, die vermittelt, dass Krankheit und Tod quasi nicht existieren. Denn nur wer sich seiner Sterblichkeit bewusst ist, kann das Leben richtig schätzen und lieben lernen. So. Wort zum Sonntag - im wahrsten Sinne.

Also meine Lieben: bis dahin!
Cheerio and stay different!

Eure