Montag, 8. August 2016

Mein Goth-Werdegang - wie ich dazu kam und es sich entwickelte

Hallo, meine lieben alternativen Menschen!

Ich hatte ja schon vor längerer Zeit mal angekündigt, etwas genauer auf meinen Goth-Werdegang einzugehen und euch zu erläutern, wie es dazu kam, dass ich mich seit nunmehr 15 Jahren in der Schwarzen Szene bewege. Das werde ich heute mal tun. Und euch auch mit dem ein oder anderen Oldie-Bildchen beglücken. Willkommen zu meiner persönlichen Zeitreise - aber bitte nicht erschrecken, ich glaube, ich habe mich ziemlich verändert. In diesem ersten Teil geht es um die Jahre 1998/1999 bis 2007/2008.

Wie ich euch schon in diesem Blogeintrag beschrieben habe, komme ich aus einer kleinen Stadt, in der quasi keine subkulturellen Szenen existierten. Vereinzelt traf man mal hier und dort jemanden Alternatives, vor allem Jugendliche in der Selbstfindungsphase (wie ich auch einer war), aber das war wirklich die Ausnahme. Von einer aktiven Szene, egal welcher Art, ob Punk, Vintage, Metal..., konnte man definitiv nicht sprechen, und schon gar nicht von einer Schwarzen Szene. 
So ist es dort auch noch heute, wobei ich sowieso das Gefühl habe, dass Selbstfindung durch Szenezugehörigkeit für Jugendliche heute eine nicht mehr so große Rolle spielt, oder? Naja, vielleicht kommt es nur mir so vor, aber im Hipster-Zeitalter ist es wohl angemessener, einfach für nichts zu stehen, nichts vertreten zu müssen. Eine meiner Dozentinnen drückte dieses Phänomen mal passend mit der Überschrift "Von der Subkultur zur Unkultur aus". Aber gut, das ist definitiv ein anderes Thema, über welches es sich sicherlich mal lohnt, einen eigenen Blogeintrag zu verfassen.

Jedenfalls wuchs ich in diesem Kleinstadt-Kosmos auf. Konservativ, katholisch geprägt und natürlich CDU regiert. Alles noch nie wirklich meine Welt gewesen. So begann ich schon ziemlich früh, mich für gesellschaftliche Randphänomene zu interessieren. Irgendwann kam ich dann mit dem Punk in Berührung. Ich glaube, ich war ungefähr 13. Und ich fands super. Den Kontakt bekam ich damals durch eine kleine Gruppe von Jugendlichen, die aber eigentlich selbst keine wirkliche Ahnung hatten, was Punk eigentlich ist :D Man bedenke: damals hat man nicht mal eben Google angeworfen und Punk oder Punk-Bands gesucht. So bestand das Punk-sein für die Meisten darin, abgewetzte Klamotten anzulegen, sich nicht die Zähne zu putzen und DocMartens mit verschieden farbigen Schnürsenkeln zu tragen. Dazu wurde dann meist Musik von den Hosen, den Ärzten oder vielleicht auch mal The Bates gehört (alternativ war auch oft Nirvana oder Rammstein drin - sehr punkig das Ganze). Ok - man wusste auch noch, dass man links ist und Nazis kacke sind ;) . Da ich Körperhygiene eigentlich immer ne ganz gute Sache fand, hat es sich bei mir dann auch größtenteils auf das Hören der entsprechenden Musik beschränkt. 
Kleine Episode am Rande: Mein 13 jähriges Ich wollte unbedingt dazu gehören, und so bettelte ich meine Mom an, mir ein Paar DocMartens zu kaufen. O-Ton meiner Mutter: "Ich kauf' doch keine Gummistiefel für 100 Mark!" :D Herrlich! Heute würden wir wohl sofort zuschlagen bei Docs für 50 Euro... Btw: Danke Mama, dass du mir diese Werte vermittelt hast :*.

Vom "Punk" rutschte ich dann erstmal ca. ein Jahr musikalisch in die elektronische Schiene. Aber irgendwann mit 15 gelangte ich dann in in die Fänge der Goth- und Metal-Musik. Ich begann mich immer dunkler zu kleiden, und die Leute begannen mich "Grufti" zu nennen, was ich zu Anfang immer vehement bestritten habe - bis mir aufgefallen war, dass ich wohl tatsächlich ein Grufti war (und bin). Ich begann mich ausgiebig mit der Szene zu befassen, und fühlte mich sofort wohl. Hier für euch ein besonderes Schmankerl: mein erstes Grufti-Selfie mit blutjungen 15 Jahren:

2001

Look at this babyface :D ! Ja, das bin wirklich ich. Entschuldigt die unsagbar schlechte Qualität dieses Bildes, aber es ist damals mit einer ganz normalen Kamera entstanden. So mit Film und so - u know? Nichts digital. Und es ist 15 Jahre alt und eingescannt. Zum Teil ist die Quali der Pics echt grottig - sorry, alte Bilder halt.
Also ich fand mich damals natürlich unsagbar cool. Die Haare schwarz gefärbt (was man vor dem schwarzen Hintergrund besonders gut sieht), die Augen dunkel geschminkt und mit dem Lippenstift - und die Augenbrauen ;D ... oh man. Aber wie gut, dass es wohl den allermeisten Menschen so geht, wie mir gerade, bei der Betrachtung von alten Fotos von sich selbst.
Und für alle unter euch, die vielleicht noch etwas jünger sind: meine Eltern haben auf das Ganze ziemlich gelassen reagiert. Ich hatte das Glück, in einem toleranten Elternhaus aufzuwachsen (was in der Gegend wirklich nicht vorauszusetzen ist). So gab es dann mal einen Kommentar á la: "Die Strumpfhose ist absichtlich kaputt, oder?" - das war es dann aber auch. Selbfindungsphase wurde toleriert.
Das richtige Grufti-Posen musste ich definitiv noch üben. Auch zwei Jahre später noch, wie man auf diesem Bild von meinem 18. Geburtstag sehen kann:

2003

In den Jahren hatte sich musikalisch nicht viel geändert: immernoch sowohl in der Metal-, als auch in der Schwarzen Szene verankert. Von Silke Bischoff/18 Summers und den Sisters, über Lacrimosa oder The 69 Eyes, bis hin zu Metal-Bands wie Metallica, Anthrax oder Korn. Allerdings hatte ich endlich ein paar Gleichgesinnte gefunden: in meinem eigenen Freundeskreis! Die Eine oder Andere hatte sich nämlich anstecken lassen, bzw. den alternativen Lebensstil für sich entdeckt. Das war schon eine kleine Erleichterung, nicht mehr allein die Außenseiterin im Kaff zu sein. Und Jugendliche scharen sich nunmal am liebsten in Grüppchen ;) .

2004

Das Bild oben zeigt mich 2004 (naja, man erkennt nicht so viel von mir). Man bekommt einen Eindruck wie ich damals so unterwegs war, mit Nietenhalsband und gefühlten 100 Ohrringen.
Das untere Bild ist aus dem Jahr 2005 - ich dürfte so gerade 20 Jahre alt gewesen sein. Und das ist doch schon deutlich gruftiger: der Weltschmerz-Blick, die schwarzen Augen und Lippen (und endlich auch zur Haarfarbe passend angemalte Augenbrauen) - Posen hatte ich nun anscheinend gelernt. Nein ernsthaft - Grufti-Posen war noch nie mein Ding.

2005

Größere Veränderung kamen dann musikalisch so mit 20, also so um 2005/2006: da lernte ich endlich Menschen kennen, mit denen ich häufiger in Clubs in der Nähe zu entsprechenden Goth-Veranstaltungen gefahren bin. Und da kam dann auch die Liebe zu Synthie Pop, EBM, Electro, Wave und Co (war doch das Allermeiste, was ich vorher so gehört habe, bis auf ein paar Ausnahmen sehr gitarrenlastig) und der Metal verabschiedete sich immer weiter aus meiner favorisierten Musikrichtung. Was nicht heißt, dass ich heute keinen Metal mehr höre, Doom und Gothic Metal (aber nicht so female-fronted-Kram, da kann ich ja zu 99% gar nicht drauf) höre ich beispielsweise immernoch ganz gern und gehört für mich auch definitiv in die Szene. Aber auch "Master of Puppets" wird häufiger aufgelegt.

2005/2006 The Vision Bleak Konzert

Das Fotochen entstand nach einem Konzert von The Vision Bleak - ich war ziemlicher Fan mit Anfang 20 und sooooo stolz auf dieses Bild, ihr könnt es euch nicht vorstellen. Wem die beiden Herren auf dem Foto nichts sagen sollten: Allen B. Konstanz (alias Tobias Schönemann) und Ulf Theodor Schwadorf (alias Markus Stock) - die Köpfe hinter dem Projekt.

2006
2006















Die beiden Bilder zeigen mich 2006, einmal in Samtoutfit (Abiball) und einmal im Flokati im Schnee. Ja, ich habe so ziemlich jedes Goth-Klischee durch ;)




Und um noch ein paar Klischees zu bedienen: 2007, mit Netzteil, Corsage und Nietengürtel. Hach, was war ich gruftig. Damals fand ich es wirklich super. Heute entspricht es so einfach nicht mehr meinen Geschmack. Hätte man mir das vor ein paar Jahren erzählt, hätte ich es auch nicht geglaubt.

2007

2008 kam dann langsam die Liebe zum Retro-Stil hinzu. Damit geht es dann im zweiten Teil meines Goth- und dann auch Vintage/Retro- Werdeganges weiter.

Ich hoffe, ich konnte euch bis hierher ein wenig unterhalten, für mich war es jedenfalls äußerst unterhaltsam - glaubt mir. Ich freue mich schon auf Teil zwei. Kommt bald - versprochen.

Wie habt ihr so in die Szene gefunden? Hat sich euer Stil über die Jahre verändert? Es interessiert mich doch sehr, ob auch ihr Veränderungen durchgemacht habt, in der Zeit. Ab in die Kommentare - ich bin gespannt!

Bis dahin: Cheerio and stay different!

Eure



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